Ungefähr 40.000 Menschen haben gestern an der #unteilbar-Demonstration (für eine offene und freie Gesellschaft) in Dresden teilgenommen. Unter anderem gab es einen queer-feministischen Block.

Wer gegen Nationalismus protestiert, darf von Sexismus nicht schweigen: Die imaginierte Idylle traditionelle Familie, auf deren Werte nationalistische Bezugnahmen vorgeblich zurückgreifen, hat ohnehin so nie existiert (bzw. bloß in der Wirtschaftswunderwerbung – die gut frisierte Hausfrau mit gestärkter Schürze in der Küche, die ordentlichen Kinder). Sondern über solche ahistorischen Familienvorstellungen wird „Nation“ (diskursiv) hergestellt, indem versucht wird, Geschlechterrollen festzuschreiben und dem weiblichen Geschlecht die Rolle von Reproduzentinnen einer „Gemeinschaft“ zuzuweisen, die als homogene konstruiert wird. Eine Auseinandersetzung aus queer-feministischer Perspektive ist daher geradezu zwangsläufig.

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Demonstrationsaufruf
Samstag 26. Mai 2018, 12 Uhr
Am Südpark (Solingen-Mitte):
Unutturmayacağız!
Niemals vergessen!
Am 29.5.1993 wurden fünf Frauen und Mädchen mit türkischer Zuwanderungsgeschichte bei einem rechtsextrem motivierten Brandanschlag ermordet. Dies war kein isolierter Einzelfall, diese Morde fielen nicht vom Himmel. In den Jahren zuvor wurde eine bis dahin seit dem Ende des NS-Terrorsystems nicht mehr gekannte Hetzkampagne gegen Geflüchtete und Menschen mit Zuwanderungsgeschichte durchgeführt. In den Medien wurde unter der Parole „Das Boot ist voll!“ gegen „Ausländer“ gehetzt und von einer „Asylantenflut“ halluziniert. CDU-Generalsekretär Volker Rühe startete am 12.9.1991 mit einem Rundbrief an alle CDU-Kreisverbände eine eigene bundesweite Kampagne, um eine Änderung des Grundgesetzes zu erzwingen. Handreichungen, wie man den Volkszorn schürt, lieferte Rühe frei Haus: Musterentwürfe für Ratsbeschlüsse und Presseerklärungen zur Entwicklung des „Unmuts“ gegen das Asylrecht. Weitere Politiker*innen und viele Medien heizten die Stimmung mit Hetzartikeln weiter an. So schlagzeilte BILD „Fast jede Minute ein neuer Asylant – Die Flut steigt, wann sinkt das Boot?“ Ab dem 17.9.1991 wurden in Hoyeswerda sieben Tage lang rassistisch motivierte Übergriffe geduldet. Sie richteten sich gegen ein Flüchtlingswohnheim sowie gegen ein Wohnheim vietnamesischer Vertragsarbeiter*innen, das der Mob in Brand setzte. Neonazis feierten nach der Evakuierung der Angegriffenen Hoyerswerda als erste „ausländerfreie Stadt“ Deutschlands. Dies war das Fanal zu einer Anschlagswelle: Zwischen 1991 und 1993 wurden mehr als 4.700 rechtsextreme Übergriffe und Anschläge gezählt, bei denen 26 Menschen getötet und fast 1.800 verletzt wurden. In Rostock-Lichtenhagen konnten sich hundert Vietnames*innen nur mit Glück vor dem brandstiftenden Mob retten, der sie ab dem 22.8.1992 fünf Tage lang von der Polizei ungestört belagerte. Am 23.11.1992 starben bei einem von Neonazis verübten Brandanschlag auf zwei Wohnhäuser in Mölln drei Menschen mit türkischer Zuwanderungsgeschichte, darunter zwei Kinder.
Den Aufruf weiterlesen: Solingen 1993 – niemals vergessen
Weit über 10.000 Menschen beteiligten sich am Samstag in Berlin an Protesten gegen Sexismus, christlichen Fundamentalismus und für sexuelle Selbstbestimmung (aus Anlass des alljährlichen Marsches der selbsternannten „LebensschützerInnen“, die Schwangerschaftsabbrüche vollständig illegalisieren wollen) und gegen Rassismus, rechte Hetze und für Bewegungsfreiheit (um eine Woche vor der Bundestagswahl die Stimmen derer hörbar zu machen, die nicht gehört werden sollen) und viel mehr … und hier folgen einige Ansichten davon.
Allein 2.000 Menschen nahmen an der Demonstration What the fuck
gegen den christlich-fundamentalistischen „Marsch für das Leben“ teil (und noch mehr insgesamt an Protesten und Blockaden dagegen).
Sexarbeiter*innen- & Unterstützer*innenblock auf der Demonstration
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Am 4. April 2006 wurde Mehmet Kubaşik, Kioskbesitzer in der Dortmunder Nordstadt, von den Neonazi-Killern „Nationalsozialistischer Untergrund“ in seinem Geschäft erschossen. Dieser Mord jährt sich in diesem Jahr zum zehnten Mal und am 4. April beginnt an der Mallinckrodtstraße 190 um 17.30 Uhr eine Demonstration mit folgender Kundgebung zum Gedenken an die Opfer des NSU-Terrors.
Seit über einem Jahr gibt es im Landtag Nordrhein-Westfalens einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum „Nationalsozialistischen Untergrund“. Am 13. Januar dieses Jahres begann der NRW-Untersuchungsausschuss, sich mit dem Mord in Dortmund zu beschäftigen. Elif und Gamze Kubaşik, die Ehefrau und die Tochter von Mehmet Kubaşik, schilderten an dem Tag den Ausschussmitgliedern die Verdächtigungen und pauschalisierenden Zuschreibungen, die den Getöteten und sie selbst über Jahre zu Täter_innen machten und stigmatisierten. Es sei ihnen jahrelang das Leben genommen worden, sagte Gamze Kubaşik – von der Polizei (Berichte über die Ausschusssitzung finden sich hier oder hier oder hier).
Gedenkstein an der Mallinckrothstraße
Ein rechtes Mordmotiv wurde außer von den Angehörigen nie in Betracht gezogen: Mehmet Kubaşik war das achte Opfer in einer Mordserie, die in symbolischer Abgrenzung mit dem herabsetzenden Etikett „Döner-Morde“ versehen worden war und deren Zuweisung in erdachte „migrantische Milieus“ ihren rassistischen Hintergrund wirksam kaschierte. Auch durch diesen Rassismus blieben die NSU-Morde über Jahre unaufgedeckt. Und trotz nun stattfindendem Prozess in München und diversen (Bundesländer-)Untersuchungsausschüssen hat eine tatsächliche Aufklärung – etwa der Rolle des Verfassungsschutzes, der Gründe für die Auswahl der Opfer oder der NSU-Vernetzungen (auch in Dortmund) – ebenso wenig stattgefunden wie eine Auseinandersetzung mit institutionalisierten Rassismus.
Der Aufruf:
Vor zehn Jahren wurde Mehmet Kubaşık von der rassistischen Terrororganisation Nationalsozialistischer Untergrund ermordet. Der NSU ist nach bisherigem Kenntnisstand für zehn Morde, zwei Anschläge in Köln und mehrere Banküberfälle verantwortlich.
Seit dem Auffliegen des NSU gibt es in den Medien eine starke Fokussierung auf drei der bisher bekannten Täter/innen. Es werden unzählige Reportagen über die Gruppe produziert – ein Interesse an den Opfern vermissen wir jedoch. Nicht die rassistische Terrorgruppe NSU, sondern deren Opfer und Angehörige gehören in den Vordergrund. Wir wollen aber nicht nur gedenken. Wir fordern auch politisches Handeln.
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Ansichten von der bundesweiten Demonstration …
… „Unser Feminismus ist antirassistisch“ am Samstag in Köln

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Für den internationalen Frauen*kampftag wird zu einer bundesweiten Demonstration „Unser Feminismus ist antirassistisch – Reclaim feminism“ in Köln am 12. März aufgerufen: Das Jahr 2016 hat in vielen Städten Deutschlands mit Übergriffen auf Frauen* begonnen – auch in Köln. Sexualisierte Gewalt gegen Frauen* ist in der Silvesternacht sichtbar geworden – unübersehbar in die öffentliche Debatte gezerrt. Wieso plötzlich das mediale Interesse? Die Thematisierung ist richtig und wichtig. Den Betroffenen der sexualisierten Übergriffe von Silvester – und aller sexualisierten Übergriffe, die alltäglich passieren – muss jegliche gewünschte Solidarität und Unterstützung zukommen. Es ging dabei jedoch nicht vorrangig um die Benennung sexualisierter Gewalt, sondern um die vermeintliche Herkunft der Täter – und das unverhohlen rassistisch: Im Verlauf wurde schnell nicht mehr über Sexismus gesprochen, sondern über die Verschärfung des Asylrechts, Abschottung und Abschiebung. Ein gängiges Fazit: Nicht der Sexismus in diesem Land sei das Problem, sondern die zu uns Geflüchteten. Jedoch: Sexismus ist nicht nach Deutschland eingewandert, Sexismus ist hausgemacht. …

Ebenfalls in Köln haben letzte Woche geflüchtete Frauen aus einer ‚Notunterkunft’ in einer Turnhalle in einem offenen Brief über sexualisierte Übergriffe und Gewalt durch das Wachpersonal des Turnhallen-Lagers berichtet. Der offene Brief wurde am Mittwoch während einer Demonstration vorgelesen und einem Vertreter der Kölner Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) übergeben.
Wenig verstanden und gelernt zu haben schienen Polizei und Stadt Köln: Die Polizei reagierte zwar umgehend, führte aber einen „groß angelegten Polizeieinsatz“ in dem Lager durch, um die Beschuldigungen zu untersuchen und fand bei den Befragungen durch ausschließlich männliche Beamte – und auch noch in Anwesenheit des belasteten Sicherheitspersonals, zunächst (selbstverständlich, lässt sich nur sagen) keine Frau, die zu einer Aussage oder Anzeige bereit war. (weiter…)